Die Mehrheit der Läden informiert Kunden nicht korrekt über Überwachung

aus saldo 07/2023

Viele Läden halten sich nicht ans Gesetz. Sie überwachen die Kunden mit Kameras, ohne beim Eingang darauf hinzuweisen. Das ergab eine Stichprobe von saldo in 100 Geschäften.

Läden müssen darüber informieren, wenn sie Kunden mit Überwachungskameras kontrollieren. Laut dem Datenschutzgesetz muss diese Information erfolgen, bevor die Kunden den Aufnahmebereich der Kamera betreten. So steht es auch ausdrücklich in einem Merkblatt des Datenschutzbeauftragten. Das heisst: Die Geschäfte müssen schon im Eingangsbereich auf die Kamera hinweisen und nicht erst im Laden. Nur so können Kunden entscheiden, ob sie damit einverstanden sind, überwacht zu werden. Sind sie es nicht, können sie den Laden meiden und anderswo einkaufen.

Eine saldo-Stichprobe bei 100 Detailhändlern, Kleidergeschäften und Parfümerien in den Städten Zürich, Luzern, Winterthur, St. Gallen und Olten ergab: Bei 40 Läden fand sich im Eingangsbereich keinerlei Hinweis auf die Überwachung, ebenfalls 40 wiesen darauf hin. Oft braucht es aber ein sehr gutes Auge, damit man die Information erkennt: So war der Hinweiskleber teils nicht viel grösser als eine Briefmarke. Oder er befand sich ganz unten an der Tür, wo er kaum gesehen wird.

Bei 20 weiteren Geschäften gab es zwar einen Hinweis, dieser war jedoch versteckt angebracht. Beispiel: Bei schönem Wetter lassen manche Geschäfte ihre Schiebetüren permanent offen. Dann ist der Hinweis an der Tür nicht mehr sichtbar. Das war in der Stichprobe beispielsweise beim Sunrise-Shop an der Bahnhofstrasse in Zürich, beim Coop City St. Annahof in Zürich sowie beim Kleiderladen Guess und dem Müller Drogeriemarkt in Winterthur der Fall. Coop und Müller versprachen, neue Schilder zu platzieren, die bei geöffneten Türen sichtbar sind. Sun­rise dagegen behauptete, die Türen seien nie durchgehend offen.

Viele Firmen hängen im Laden Bildschirme auf, die anzeigen, was die Kameras filmen. Sie stellen sich auf den Standpunkt, so sehe der Kunde, dass gefilmt werde. So etwa die Migros, Manor und Dosenbach. Nur: Wenn man sich auf dem Bildschirm entdeckt, ist es schon zu spät, um der Kamera auszuweichen. Die Migros sagt, sie weise zusätzlich mit einem Piktogramm am Eingang auf die Kameras hin. Doch bei den von saldo besuchten Filialen in Luzern (Hertenstein), Olten (Hammer) und Winter­thur (Oberwinterthur) war das nicht der Fall. Die Migros am Kreuzplatz in Zürich weist nur auf die Überwachung im Alnatura im Untergeschoss hin. Manor verspricht, ab Herbst eine Kennzeichnung einzuführen.

Viele Ausreden der Ladenbetreiber

Einige Geschäfte, die nicht vor Überwachung warnen, sind um Ausreden nicht verlegen: Die Telekomfirma Salt etwa lässt verlauten, in beiden Geschäften in Zürich seien die Türen kürzlich ausgetauscht worden, der Aufkleber sei noch nicht wieder angebracht worden. Die Einrichtungskette Butlers teilt mit, die Kameras im Laden in Luzern seien zurzeit aus­geschaltet. Beim Kleiderladen Jack Wolfskin in Luzern heisst es, man baue das Geschäft um und die Kennzeichnungen würden noch fehlen.

Die Confiserie Bachmann sagt, man benutze die Kameras in den Filialen in Zürich und Luzern nur zum Messen der Frequenzen. Zudem dienten sie nach Ladenschluss als Alarmanlage bei ­Bewegungen im Lokal. Auch die Kos­metikkette Rituals sagt, die Geräte seien reine Kunden­zähler. WE Fashion in Olten sagt, es handle sich nur um eine Attrappe.

Andere Geschäfte räumen das Versäumnis ein und versprechen Besserung – so etwa die Victor­inox-Shops in Luzern und Zürich, Bijouterie Christ an der Bahnhofs­trasse und die Mobile Klinik in Luzern.


 Mirjam Fonti